Donnerstag, 1. Januar 2015

Überleben

"Er wusste nicht, dass Panik in extremen Situationen eine Überlebensreaktion ist. Wenn alles andere nicht mehr hilft und alle rationalen Versuche, eine Lösung zu finden, erschöpft sind, dann setzt Panik ein, und so führt eine irrationale Handlung manchmal zu einer Lösung, auf die rationale Überlegung nie gekommen wäre." 

Aus: Jean M. Aurel, "Ayla und das Tal der Pferde"

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Aufschieberitis

Nach meiner persönlichen Erfahrung kann man den Zustand der Prokrastination in drei verschiedene Kategorien unterteilen:
  • 1. Keine Lust;
  • 2. Eilt nicht;
  • 3. Anderes ist wichtiger.

Hierbei halte ich die erste Variante für die gefährlichste. Sie impliziert, dass ich die volle Kontrolle über das Geschehen habe, dass ich selbst frei über meine Zeit verfüge und dass nur ich allein entscheide, was wichtig ist und was nicht. Das führt im schlimmsten Fall dazu, dass irgendwann das Erreichen eines weiteren Levels von irgendeinem völlig belanglosen Computerspiel als wichtiger erachtet wird als die Anforderungen von Schule oder Beruf.

Die zweite Variante dürfte die am häufigsten vorkommende sein. Nach dem Motto "Weihnachten kommt immer so plötzlich" werden anstehende Arbeiten bis zum allerletzten Moment aufgeschoben. Dies bedeutet aber immerhin, dass man noch eine gewisse Kontrolle über seinen Terminkalender hat und sich des Problems zumindest bewusst ist.

Die dritte Variante - so vermute ich - betrifft vor allem kreative und schöpferische Menschen. Stets entstehen neue Projekte im Kopf, immer neue Anregungen lassen neue Ideen entstehen. Die Liste der gedanklichen Baustellen wird immer länger. Ich sehe vor meinem geistigen Auge so etwas wie eine lange Sitzbank, auf der meine Projekte auf Abruf sitzen wie die Patienten in einem Wartezimmer. Sie sind natürlich nach Wichtigkeit sortiert. Kommt aber eine neue Projektidee hinzu, so reiht sie sich nicht ans Ende der Wartebank ein, sondern sie drängelt sich je nach gefühlter Dringlichkeit gern auch mal weiter nach vorn. Das muss natürlich dazu führen, dass die anderen, als nicht ganz so wichtig eingestuften Projekte weiter nach hinten rutschen. Da diese Wartebank auch nur eine gewisse Länge hat, kann es dazu führen, dass Projekte, die weit genug nach hinten verdrängt wurden, irgendwann ganz von der Wartebank hinabrutschen - ins Nirvana des Vergessens. Leider kann dies auch Projekte treffen, die sich später dann doch noch als wichtig herausstellen, so dass diese dritte Variante sich letzten Endes auch nicht  besser oder sicherer erweist als die erste. 

Quod erat demonstrandum: Nachdem ich festgestellt habe, dass ich seit Monaten hier nichts mehr geschrieben hatte, begann ich diesen Blog ein wenig aufzuräumen. Dabei musste ich feststellen, dass viele der von mir hochgeladenen Bilder nicht mehr abrufbar waren, und so habe ich einen Teil der Bilder neu einbinden müssen, einige Beiträge habe ich auch gelöscht. Es stellt sich aber für mich heraus, dass dieser Blog seinen Namen zu Recht trägt, denn nie hat mich jemand darauf hingewiesen, dass hier etwas fehlte.

Sonntag, 6. Juli 2014

Ein Rückblick



Ich habe ein weiteres, wichtiges Etappenziel in meinem Leben erreicht, so dass es nun an der Zeit zu sein scheint, einmal innezuhalten und auf die letzten Jahre zurückzublicken.

Es begann ganz harmlos
Einer der --  wie sich später herausstellte --  wichtigsten Tage in meinem Leben verlief  ganz unspektakulär und endete wie so viele davor und danach vor dem Fernseher. Es war der 25. April 2006, ein Dienstag, und damit bot sich das TV-Programm des WDR mit der Sendung „Quarks & Co.“ an. Das Thema lautete: Autismus.
Der Bericht traf mich völlig unvorbereitet. Ich hatte mehrfach spontan das Gefühl: „Reden die über mich?!“ Viele der geschilderten Eigenheiten und Einschränkungen kannte ich gut, denn mir ging es ja Zeit meines Lebens nicht anders. Nun gut, ich kannte zwar bei meiner Ernährung keine Fixierung auf Kohlprodukte; aber andere Dinge wie Einschränkungen bei sozialen Kontakten oder stark ausgeprägte Spezialinteressen dagegen sind mir sehr vertraut.
Schon am Tag darauf begann ich, intensiv im Internet zu recherchieren, und es dauerte nicht lange, bis ich einschlägige Themenforen fand, in denen ausführlich diskutiert wurde. Bald darauf lernte ich auch einige Menschen persönlich kennen, die sich genauso wie ich im autistischen Spektrum wiedererkannten. 

Ein erster Versuch
Naiv wie ich damals war, glaubte ich, mit dieser meiner persönlichen Gewissheit auch einen Fachmann überzeugen zu können. Dieser Versuch im Juli 2006 geriet zum Fiasko: Innerhalb einer Sitzung machte mir dieser Facharzt klar, warum nicht sein könne, was nicht sein darf. Ich hätte – wenn es denn so wäre – besondere Auffälligkeiten bereits im frühesten Kindesalter zeigen müssen. Bei Kindern und Jugendlichen kommt das Asperger Syndrom vor; bei Erwachsenen nicht. Punktum.
GruppentreffenMit dieser offensichtlichen Diskrepanz vor Augen ging ich zunächst einmal  meiner Wege. Das hielt mich aber nicht davon ab, mich ehrenamtlich im Bereich der Aufklärungsarbeit (die offenkundig notwendig war) zu engagieren.
Im Februar 2007 wagte ich einen erneuten Versuch und wandte mich an einen anderen Fachmann. Welch ein Unterschied: Man nahm mich und mein Problem ernst, es wurden psychologische Tests durchgeführt und es lag sehr bald ein Ergebnis „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ vor. Erneut brach meine Naivität durch, und ich stellte mit diesem Ergebnis bewaffnet einen Antrag beim  zuständigen Landesamt für Soziale Dienste (LAsD). Das Ergebnis: Ein Grad der Behinderung (GdB) von 20 wird festgestellt. 

Vereinsmeierei
 Zu diesem Zeitpunkt gab es einen noch jungen Verein, der in Ermangelung von Unterstützern und Mitarbeitern kurz vor dem Ende stand. Zuspruch von mehreren Seiten gab mir den Mut, mich für die Aufgabe zur Verfügung zu stellen, und so wurde ich 2008 in den Vereinsvorstand gewählt. 
VeranstaltungHochfliegende Pläne wurden gemacht, es wurden Projekte angestoßen und fleißig neue Mitglieder geworben. Im März 2009 reiste eine kleine Delegation ins Vogtland, um den Verein auf einer deutschlandweit erstmaligen Tagung zu vertreten; im März 2010 konnte diese Veranstaltung unter dem Titel „2. Autismustag“ sogar in meiner Heimatstadt durchgeführt werden. Dazwischen fanden immer wieder Treffen statt, so z.B. bei einer Tagung  des Vereins Autismus Deutschland e.V. in Bielefeld.  Auch an der Gründung einer Genossenschaft, die sich mit dem Thema Autismus  befasst, bin ich mitbeteiligt. Im April 2011, nach Ablauf meiner satzungsgemäßen Amtszeit, beendete ich meine Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender des Vereins und übergab die Verantwortung  in andere Hände. 

Noch ein Anlauf
Während alle diese Dinge sich entwickeln,  gab ich selbst die Hoffnung nicht auf und suchte einen weiteren Fachmann  auf (ja, noch einen). Erneut stand auch diesmal sehr schnell ein klares Ergebnis fest. Im Januar 2009 stellte ich also erneut einen Antrag. Dieses Mal kam man zu dem Ergebnis, mir einen GdB von 40 zuzuerkennen.  -- Knapp am Ziel vorbei vorbeigeschrammt.  Also versuchte ich, mit Hilfe des Sozialverbandes Deutschland  (SoVD) dagegen anzugehen.  Es kam zum gerichtlichen Verfahren, in dem ein Gutachter beauftragt wurde. Er kam im März 2010 u.a. zu dem Ergebnis: Das Asperger Syndrom im Erwachsenenalter sei in der ICD-10 (Auflage 2008) „nicht aufgeführt“. Der SoVD legt mir nahe, die Klage zurückzunehmen.  Es bleibt also alles so, wie es ist.
Das Leben wird aber dadurch nicht gerade leichter. Die Probleme, die ich gelernt hatte zu erkennen, wuchsen mir langsam aber sicher über den Kopf. Nachdem ich feststellen musste, dass auch die wenigen sozialen  Kontakte, die ich während meiner Tätigkeit im Verein und in der Selbsthilfegruppe knüpfen konnte, mehr und mehr einzuschlafen drohten, versuchte ich es im November 2012 mit einer regelrechten Psychotherapie. Diese Therapie kam aber über die 5 probatorischen Sitzungen nicht hinaus, denn es konnte kein „gemeinsamer Nenner“ gefunden werden. 

Tempus fugit
Was bleibt zu tun, wenn man das Gefühl hat, die Probleme werden immer größer, aber es ist keine Lösung in Sicht?! Nachdem ich meine Vereinstätigkeit eingestellt hatte und auch die Treffen der Selbsthilfegruppe für mich scheinbar keinen Sinn mehr ergaben, machte ich den mir einzig logisch erscheinenden Schritt und wagte im März 2014 noch ein weiteres Mal einen therapeutischen Neuanfang. Für mich schloss sich dabei ein Kreis, ich war an derselben Stelle, die ich auch beim ersten Mal aufgesucht hatte; aber es war eine andere Ärztin. Diesmal aber begann ich das Gespräch mit einer klaren Vorgabe, nämlich dem Wunsch nach einer gesicherten Diagnose und mit zwei Fragen: Trifft es zu, dass bei mir das Asperger Syndrom vorliegt; wenn aber nicht, was ist es dann?
KindheitDieser Ärztin nun endlich gelang es, die richtigen Fragen zu stellen, mir aufmerksam zuzuhören und die wenigen Details, die ich aus meiner eigenen Kindheit zusammenstellen konnte, in den richtigen Kontext zu bringen. Ein weiteres Mal kam es zu einer recht eindeutigen Diagnose. Die einzige Einschränkung, die blieb, war der Tatsache geschuldet, dass die Informationen aus meiner Kindheit (die ja nun schon mehr als vierzig Jahre zurückliegt) leider in manchen Punkten unvollständig blieb. Das aber, was vorhanden und auch belegbar war (so unter anderem meine Schulzeugnisse), reichte für ein klares Bild aus. 

Dem musste sich auch das LAsD anschließen. Dort kam man recht schnell, nämlich schon im Juni 2014, zu dem Ergebnis: Ein GdB von 50 wird festgestellt.

Dienstag, 7. Januar 2014

Woher stammt der Mythos der Drachen?

Man nehme: einen großen gedrungenen Körper, bedeckt mit (grauen) Schuppen wie ein Fisch. Vorn ein langer, biegsamer Hals wie von einer Giraffe, mit einem Kopf wie ein Leguan daran. An den Seiten große, starre Flügel, wie man sie an einem Flugsaurier vermutet. Hinten ein langer Reptilienschwanz: Fertig ist ein Drache, so wie ihn jedes Kind auf Anhieb erkennen würde. -

So weit, so gut. Bis hierhin wäre dies noch erklärbar durch die frühen Funde von Dinosaurier-Knochen zu einer Zeit, als die Menschen noch strenggläubig waren und fest daran glaubten, die Erde sei vor 6000 Jahren von Gott erschaffen worden und so etwas wie Millionen Jahre alte Versteinerungen könne es daher nicht geben.

Wie aber erklärt sich dann der Gedanke, so ein Lebewesen wie ein Drache könne FEUER speien? Diese abstruse Idee ist durch nichts in der Natur erklärbar. Es gab - abgesehen vom Menschen und von den Naturgewalten - niemals ein Lebewesen, das bewusst oder unbewusst über das Feuer Gewalt gehabt hätte*). Es ist auch durch nichts zu belegen, dass etwas derartiges auf chemischem Wege überhaupt möglich wäre. Es gibt giftige Tiere; es gibt Tiere, die ätzende oder klebrige Chemikalien produzieren - aber kein Tier kann brennbare Materialien herstellen oder gar sie als Waffe verwenden.

Für mich gibt es nur eine Lösung aus diesem Dilemma: Der Drachenmythos muß uralt sein und aus einer Zeit entstammen, als die Menschen noch genau das berichteten, was sie sahen: ein gedrungener, fester Körper, der fliegen konnte; der mit den Waffen der damaligen Zeit (Speere und Pfeile) unangreifbar war - und der Tod und Verderben NACH VORN spie.

Nun möge sich jedermann selbst seine Schlüsse daraus ziehen.

*) Interessanterweise kennt u.a. schon die Bibel den Begriff der "feurigen fliegenden Drachen"! (Jesaja 30, Übersetzg. Luther 1912) 



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Montag, 2. Dezember 2013

Der Mechanismus des Alls

"Ich habe irgendwo sagen hören, daß man vom Himmel aus den Mechanismus des Alls in seiner Vollkommenheit werde schauen können. Jene Sterne, die jetzt das Firmament in so bunter Wirre besäen, würden dann in ihrer ganzen Regelmäßigkeit als Welten erscheinen, kreisend in ihren verschiedenen Systemen, in deren Mittelpunkt Sonnen Licht und Wärme spenden; Alles erscheine dann in schön harmonischem Einklange und rolle froh dahin in der zugewiesenen Bahn, dem Geheiße des Allmächtigem gehorsam. Das Ganze sei ein ungeheurer, unsern Sinnen nicht faßbarer Mechanismus, vollkommen in seinen Theilen und wunderbar in seiner Gesammtheit. Ich will es nicht bezweifeln, denn die Annahme ist nur vernünftig. Er, der diese Welt und Alles darauf geschaffen hat, kennt keine Grenze für seine Macht.

Ich bin begierig, ob ich je dies schauen werde."
 
Frederick Marryat (1792-1848)

Samstag, 24. August 2013

Charakter

"Wenn wir in dieses seltsame Leben geboren werden, bekommen wir zweierlei mit, die väterlichen und die mütterlichen Ahnenreihen und das Milieu. 

Man muß dabei Milieu im weitesten Sinne verstehen, von den körperlichen Eigentümlichkeiten bis zum Gehalt des Vaters, von der guten oder schlechten Ehe der Eltern bis zur wirtschaftlichen und politischen Struktur des Landes und der ganzen Welt, von der Klimazone, in der man sich entwickeln muß, bis zu den Geschwistern und Schulkameraden. Das alles gehört zum Milieu, womit aber nun keineswegs gesagt sein muß, daß der junge Mensch einfach ein Produkt von Ahnenreihen und Milieu ist. 

Im Gegenteil, es ist sehr unwahrscheinlich, daß auch nur zwei junge Menschen auf der ganzen Welt mit diesen Gegebenheiten genau dasselbe anfangen würden. Gerade das aber - die Art und Weise, wie man mit Erbanlagen und Umwelt fertig wird, was man daraus macht - ist der Charakter. 

Ebenso kann man es Persönlichkeit nennen. "

Aus: "Zwei Töchter auf Pump" von Hans G. Bentz (1902-1968)

Samstag, 15. Juni 2013

Fachleute … verzweifelt gesucht



Unter diese Überschrift – in Anlehnung an den Titel einerUS-Filmkomödie – möchte ich folgenden Beitrag setzen. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, so würde ich mir wünschen, eine Person zu finden, auf die folgende Beschreibung passt, welche  ich einfach mal gedanklich in die Form eines Stellenangebotes gepresst habe


Gesucht wird:   ein( e) Mediziner( in). Alter egal, im Raum Schleswig-Holstein ansässig.

Einzige Bedingung zu Vorkenntnissen: Die Arbeiten von Hans Asperger, Lorna Wing, Tony Attwood und anderen  müssen gelesen – und inhaltlich verstanden worden sein.

Profil: Ein Stellenbewerber (m/w) sollte in der Lage sein, auch und vor allem bei Personen, die bereits das Erwachsenenalter erreicht haben, anhand einer seriösen Differentialdiagnostik das Vorhandensein einer autistischen Störung im Sinne eines Asperger-Syndroms bestätigen – oder ausschließen zu können.

Dazu wird es von Fall zu Fall erforderlich sein, bereits vorhandene medizinische Unterlagen auswerten und für eine tiefergehende Diagnostik verwenden zu können – oder aber diese im Fall einer zu befürchtenden Fehldiagnose auch einmal komplett zu ignorieren und eine neue Diagnostik „von Null an“  aufzubauen. Dies voneinander zu unterscheiden wird im Einzelfall schwierig sein, denn es wird Patienten geben, die bereits eine lange Odyssee hinter sich haben und von Arzt zu Arzt weitergereicht wurden; andere aber, die zeit ihres Lebens unauffällig waren, haben bisher noch keinerlei Arztkontakt gehabt. Es ist aber durchaus nicht auszuschließen, dass die Symptome bei beiden dieselben sind und daher zu derselben Diagnose führen müssten. In jedem Fall aber kommt es darauf an, die richtigen Fragen zu stellen und durch ausführliche Gespräche zu einer möglichst gesicherten Abgrenzung zu anderen psychischen / psychosomatischen Beschwerden zu gelangen. Dabei darf nicht vergessen werden: Patienten mit einem solchen Diagnoseverdacht mögen irritiert sein, sie mögen eigenbrötlerisch sein und gelten oft als Außenseiter der Gesellschaft – aber sie sind nicht dumm. Daher muss man davon ausgehen, dass sie bereits vor dem Erstkontakt zum Therapeuten sich ausführlich mit der Materie befasst und sich in die öffentlich verfügbaren Texte eingelesen, vielleicht auch schon den einen oder anderen Selbsttest im Internet absolviert oder eine Selbsthilfegruppe (SHG) besucht haben und daher zumindest einen „begründeten Selbstverdacht“ mitbringen.

Es wird weiterhin erwartet, dass der / die Stellenbewerber( in) den Umgang mit technischen Hilfsmitteln (Internet, E-Mail, SMS usw. ) sicher beherrscht. Es ist mittlerweile in einschlägigen Kreisen bekannt, dass Aspies bzw. Verdacht-Aspies dazu neigen, solche modernen Kommunikationsmittel intensiv zu nutzen, teilweise als Ersatz bzw. Ausgleich für das (ungern genutzte, oft verhasste) Telefon. Eine Möglichkeit der Erst-Kontaktaufnahme per E-Mail oder über ein Kontaktformular auf einer Internetseite wird hingegen gern genutzt. Nach erst einmal erfolgter Kontaktaufnahme ist eine spätere weitere Kommunikation per Telefon aber keineswegs ausgeschlossen.

Wichtig dabei ist aber immer, Terminabsprachen konkret zu planen und vereinbarte Termine auch auf jeden Fall unbedingt verbindlich einzuhalten. Der Weg bis hierhin ist für den Patienten in jedem Fall von Anfang an mit einer großen Überwindung verbunden und stellt eine Abweichung von dem selbst gewählten Tagesablauf, somit eine hohe Belastung dar. Die Planung eines solchen Termins muss gedanklich in den Tagesablauf integriert werden, die An- und Abreise will geplant sein und natürlich sorgt der Gesprächstermin selbst auch für einige sorgenvolle Gedanken. In einer solchen Situation ist es hilfreich, wenn der Termin möglichst exakt festgelegt werden kann (ohne lange  Leerlaufzeiten in einem Wartezimmer, womöglich mit anderen Patienten). Notwendige Terminänderungen, z.B. einem Krankheitsfall, sollten so früh wie nur irgend möglich mitgeteilt werden (siehe moderne Kommunikationsmittel).

Was wird geboten?   Bei vorliegender Eignung des Bewerbers kann dieser davon ausgehen, dass es im gesamten norddeutschen Raum zu einem regelmäßigen Zustrom von Patienten kommen wird, denn die Zahl der Verdacht-Aspies wird nicht geringer, sondern nimmt ständig zu. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendjemand eine Dokumentation im Fernsehen sieht, einen Artikel in einer Tageszeitung liest oder auch nur das Outing seines Lieblingsschauspielers vernimmt, sich darin selbst wiedererkennt  -  und kurz darauf findet dieser Mensch sich in einem der einschlägigen Internet-Themenforen wieder mit dem Satz „bin auch ich betroffen?“ Früher oder später gelangt er zu der Selbsteinsicht – oder wird mehr oder weniger sanft darauf hingewiesen: „Geh zu einem Spezialisten und lass dich diagnostizieren!“ Solch einen Spezialisten zu finden wird aber zu der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Adressen von spezialisierten Fachleuten sowie von Therapiezentren und Autismus-Ambulanzen werden zuhauf im Internet ausgetauscht. Leider aber sind sie noch viel zu selten – und daher sehr häufig völlig überlastet. Das führt dazu, dass z.B. Patienten aus dem Raum Schleswig-Holstein auch schon mal an eine Adresse in Köln verwiesen werden. Anderen werden Wartezeiten von mehreren Monaten in Aussicht gestellt, oder es wird gar eine Behandlung wegen Terminüberlastung gänzlich abgelehnt. Dies ist natürlich für den Patienten weder hilfreich noch tröstlich. Ein Ausweichen zu einem Therapeuten, der nicht ausdrücklich auf die Diagnostizierung von  Menschen im autistischen Spektrum spezialisiert ist, kann aber zu einer Fehldiagnose führen – und damit zum Beginn einer weiteren medizinischen Odyssee (siehe oben). Wird nun in diesen Kreisen eine neue Anschrift eines Therapeuten weitergegeben und womöglich auch mit ersten positiven Resonanzen verbunden, so ist ein Zulauf neuer Patienten beinahe „ganz von selbst“ zu erwarten.

Was wird benötigt?     Der materielle Bedarf ist eher gering. Neben der üblichen Büroausstattung (siehe moderne Kommunikationsmittel) wäre lediglich ein barrierefreies, möglichst ruhiges Beratungszimmer nötig, in dem ein Erstgespräch in entspannter Atmosphäre stattfinden kann. Die Ausstattung dieses Zimmers kann nicht nur, sondern sollte sogar möglichst schlicht gehalten sein, um eine drohende Reizüberflutung (Overload) des Patienten auszuschließen.

Zukunftsperspektiven:    Um es nochmals zu wiederholen: es geht dabei nicht um eine Der-schreibt-jeden-krank-Wunschdiagnostik, und es geht auch nicht darum, irgendeine elitäre neue Behandlungsmethode oder gar Medikamentierung zu finden. Es geht zunächst lediglich darum, eine gesicherte Diagnose zu erhalten, diese zu bestätigen - oder aber ggf. auch ebenso sicher ausschließen zu können.

Ist dies erst einmal gewährleistet, dann kann man sich – gemeinsam im Arzt-Patient-Kontakt – darüber Gedanken machen, was dies für Auswirkungen im Leben des Patienten hat, welche Hilfestellungen im privaten und / oder beruflichen Umfeld möglich, welche Veränderungen nötig und machbar sind, ob sich daraus letzten Endes eine Schwerbehinderung im gesetzlichen Sinne ergibt und was das bedeutet …  

Dies lässt natürlich auf weitere, fruchtbare Kontakte zwischen Arzt und Patient schließen. Für den Patienten steht eine echte Hilfe für seine Lebensgestaltung in Aussicht, für den Arzt ist ein langfristig gesichertes Einkommen durchaus nicht ausgeschlossen. - - Langfristig wäre es auch denkbar (und auch im Sinne der Betroffenen wünschenswert), auf dem Gebiet der Autismus-Diagnose für Erwachsene  Feldforschung zu betreiben. Hier gilt es festzustellen, ob und wie viele Personen es gibt, bei denen diese Symptome vorliegen, denen es aber durch geschickte Kompensation oderVermeidungshaltung gelingt, ihren Problemen aus dem Weg zu gehen; ebenso, wie viele es gibt, die durch Falscheinschätzung zu einer Fehldiagnose gelangten und die daher womöglich auf lange Zeit falsch therapiert oder medikamentiert werden.  -


Soviel zu meinem Wunschtraum. Ob er eines Tages Realität wird?!