Samstag, 12. Januar 2013

Michael Ryan: "Ich habe Asperger - Ich bin wie du"

Michael Ryan, freier Mitarbeiter des Senders CNN und mit der Pflege der CNN-Homepage beauftragt, schreibt in einem Blog über sich und das Asperger-Syndrom
Hier die deutsche Übersetzung:

"Ich bin kein Experte für das Asperger-Syndrom. Aber ich bin ein Experte für mich selbst, und ich habe Asperger.

Und Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom mit Hyperaktivität. Und ein bisschen Zwangsstörungen. Alle diese drei Erkrankungen zusammen zu haben ist nicht ungewöhnlich, sagt mein Arzt.

Wie Du, werde ich manchmal wütend. Und, wie du, würde ich nie daran denken, solche Emotionen in Gewalt ausbrechen zu lassen.

Es gibt keine direkte Verbindung zwischen Gewalt und Autismus. Keine. Ich zerbreche keine Dinge. Ich schlage meine Hunde nicht. Ich benutze einen kleinen Tupperware-Behälter im Haus, um Insekten zu fangen, damit ich sie sicher nach draußen transportieren kann, bevor meine Katzen oder meine Frau sie sehen. Ich sage nichts Schlechtes über Jäger, aber ich könnte niemals andere Lebewesen töten. So etwas liegt mir einfach nicht.

Zum größten Teil bin ich genau wie du, nur ein bisschen schrullig. Na gut, eine ganze Menge schrullig.
Ich bin pedantisch. Normalerweise ist meine Mimik und Sprache ausdruckslos. Ich kann dir nicht in die Augen schauen. (Ich habe gelernt, den Menschen auf den Mund oder die Nase zu schauen.) Ich kann kein Gespräch von mehr als ein paar Worten mit dir führen, aber ich kann dir bis zum Überdruss Vorträge halten über US-Atombombentests, die Cleveland Browns, Beagles oder die japanische Gesellschaft.

Wenn Du mit mir sprichst und ich wegschaue, dann analysiere ich deine Worte und durchdenke verschiedene Szenarien, basierend auf deiner Frage oder Anweisung und bemühe mich dabei, dich zu verstehen. Bitte habe Geduld mit mir.

Weil ich stets eine Todesangst habe, jemanden zu beleidigen oder über etwas zu reden, das am Thema vorbeigeht, halte ich in Besprechungen oft meine Hand über meinen Mund, um mich selbst vom Sprechen abzuhalten. Zum Sprechen aufgefordert zu werden ist schierer Terror.
Und das sind nur einige meiner Merkwürdigkeiten. Dein Kind / Partner / Kollege mit Asperger hat einige ähnliche Besonderheiten. Das ist der Grund dafür, warum Kinder mit Asperger gemobbt werden.

Ich hatte Glück. Ich wurde nicht in der Schule gemobbt, weil ich nicht diagnostiziert war und daher nicht gebrandmarkt. Ich wurde nicht diagnostiziert, bis ich 50 war. Und wenn die Ärzte mich fragten, welche Art von Unterstützung ich mir wünschte, sagte ich keine. Ich hatte es so weit hinbekommen, also wollte ich lieber weiter auf meine eigene Weise daran arbeiten.

In der Tat, bis heute wissen die meisten meiner Kollegen und Freunde nicht, dass ich Asperger habe. So können "Aspies" erwachsen werden, Familien gründen, produktiv sein und einen Beitrag zur Gesellschaft leisten.

Ich will nicht behaupten, das folgende würde Dir durch das Leben helfen, und einige meiner Hinweise können für dich unzutreffend sein. Aber dies hat mir geholfen:

Finde einen "Mentor". Jemanden zu finden, nach dem ich mein soziales Verhalten kopieren konnte, hat mein Leben verändert. Er war ein Kollege und Freund, der aufgeschlossen, beliebt und wirklich nett war. Ich ahmte ihn seit Jahren nach, um dadurch zu lernen, wie man sich anderen Menschen nähert und wie man angemessen handelt. Ich habe es noch nicht ganz erreicht, aber ich fühle nicht mehr wie ein Ausgestoßener. Ich glaube nicht, dass er es jemals bemerkte. Danke, Scott.

Werde sportlich. Ja, ich weiß, du bist unkoordiniert, aber du kannst deine Koordination selbst trainieren. Ich verbrachte Jahre damit, einen Ball gegen die Garage zu werfen,  um eine Wurfbewegung zu entwickeln; ich erlernte die Fähigkeit, einen Ball zu fangen und schließlich traf ich den Ball. Als Schüler der fünften Klasse spielte ich auf der dritten Base in den Schulhof-Baseballspielen -- und ich wurde nicht mehr als letzter ausgewählt. Mein Selbstwertgefühl schnellte in die Höhe, und die toughen Kinder akzeptierten mich.

Schreibe. Nimm all diese Gedanken in deinem Kopf und schreibe sie auf Papier oder an einem Computer-Terminal nieder. Lies sie einen Tag, eine Woche, ein Jahr später. Zeige sie jemand, den Du vertrauen kannst. Ich wette, er oder sie denkt über viele Dinge genauso. Akzeptiere deine Besonderheiten und profitiere von deinen Stärken: Konzentrationsfähigkeit, überdurchschnittliche Intelligenz.

Lebe. Sei mutig, gehe ein wenig aus dir heraus. Du hast ein zwanghaftes Interesse an deinem Garten? Dann nutze es, um soziale Kontakte zu knüpfen, indem du Mitglied in einem Gärtnerverein wirst oder ehrenamtlich dabei hilfst, die Nachbarschaft herauszuputzen. Lerne ein wenig Selbstkontrolle, aber gehe vorwärts, auch wenn du dabei Fehler machst. Entschuldige dich und lache darüber. "Neurotypische" Menschen können sehr nachsichtig sein, wenn du ihnen die Chance dazu gibst. Mobber sind viel unsozialer, als Du es bist.

Wenn Du ein Elternteil eines Kindes mit Asperger bist, lasse dein Kind experimentieren. Das ist es nun mal, wie wir alle lernen. Er oder sie ist wahrscheinlich ziemlich intelligent. Lass dein Kind wissen, dass Du mit ihm zufrieden bist, wenn er oder sie gelernt hat zu sagen: "Ja, bitte" oder "Danke", wenn die Situation es verlangt. Wir können es nur immer wieder versuchen, sei also bitte geduldig."

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